Archivausgabe
Erkenntnis

Auf verschiedenen Wegen zum Endprodukt

Lea Müller

Studierende des BachelorStudiengangs Wirtschaftsingenieurwesen setzen im Industrieprojekt die gelernte Theorie direkt in der Praxis um. Im Atelierunterricht spielen sie die Wertschöpfungskette eines industriell gefertigten Produkts ganz unterschiedlich durch – und sollen dabei auch Fehler machen.

Ein Sprung ins kalte Wasser. Die Bachelor-Studierenden in Wirtschaftsingenieurwesen haben bereits im ersten Semester den Auftrag erhalten, für drei Industriefirmen aus der Ostschweiz Innovationspotenziale zu identifizieren und Ideen für neue Geschäftsfelder oder Produkte zu entwickeln. Nun, im zweiten Semester, geht es um die Produktkonzeption. Die Aufgabenstellung ist sehr offen: Die Studierenden setzen sich selber Ziele, schreiben einen Projektauftrag und erstellen einen Terminplan.

«Als Coaches zeigen wir den Studierenden zwar mögliche Wege auf. Welchen sie wählen, ist aber ihre Sache», sagt Roger Strässle vom Institut für Entwicklung Mechatronischer Systeme der NTB Buchs. Zusammen mit Thomas Utz vom Institut für Innovation, Design und Engineering IDEE-FHS leitet er das Modul Industrieprojekte im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen. Der Atelierunterricht an der FHS St.Gallen ist fester Bestandteil des Curriculums und findet wöchentlich statt.

Die Studierenden wenden die erworbenen theoretischen Kenntnisse aus den verschiedenen Lernbereichen direkt in der Praxis an. Die Abfolge der Industrieprojekte, die über fünf Semester verteilt sind, entspricht der Wertschöpfungskette eines industriell gefertigten Endprodukts: Sie beginnt mit der Potenzialfindung und führt über die Produktkonzeption, den technischen Entwurf, den Bau und das Testen eines Prototyps bis zur Planung und Vorbereitung der Serienfertigung.

Partner sind Teil des Unterrichts

Als Industriepartner und Auftraggeber involviert sind die Unternehmen Unisto AG in Horn, die Obvita in St.Gallen und der Möbelproduzent Cotta aus dem Fürstentum Liechtenstein. Die Industrieprojekte sind für die Partnerunternehmen kostenlos. Dafür sind sie sozusagen Teil des Unterrichts und stehen in regelmässigem Austausch mit den Studierenden. Eine Zusammenarbeit, die sehr spannend, aber auch fordernd sei, sagt Hans Haag, Gesamtleiter Produktion bei der Obvita. Er stellte zwei Studierendengruppen vor die schwierige Ausgangslage, die Arbeitsplätze der Obvita-Produktion mit einem zukünftigen Eigenprodukt abzusichern. «Es ist interessant zu sehen, wie unterschiedlich die beiden Projektgruppen arbeiten.» Mit den bisherigen Ergebnissen sei er sehr zufrieden.

Verschiedene Disziplinen im Blick

Der Sprung ins kalte Wasser hat die Gruppen motiviert, wie einer der Studenten erzählt: «Wir schätzen die Freiheiten bei der Umsetzung und die Möglichkeit, verschiedene Ansätze auszuprobieren.» Dabei dürften, ja sollten auch Fehler gemacht werden, betont Thomas Utz. «Der Lerneffekt ist umso grösser.»

Die angehenden Wirtschaftsingenieurinnen und Wirtschaftsingenieure werden in ihrer Berufspraxis an der Schnittstelle von Wirtschaft und Technik eng mit Expertinnen und Experten aus verschiedenen Disziplinen zusammenarbeiten. Darauf bereiten sie sich im Industrieprojekt vor: Tauchen spezifische Fragen auf, können spontan Dozierende aus allen Fachbereichen der FHS St.Gallen in den Werkstattunterricht eingeladen werden.