Archivausgabe
Dominik Tarolli zu Besuch

Mit dem Macher-Gen zur Oscar-Nomination

Lea Müller

Vom Start-up zu einer der grössten Software-Firmen der Welt: Der St.Galler Dominik Tarolli lebt und arbeitet seit vier Jahren in Kalifornien. Die von seinem Jungunternehmen entwickelte 3D-Software CityEngine ist aus Hollywood-Blockbustern kaum noch wegzudenken – der Erfolg hat ihr jetzt sogar eine Nomination für den «Tech Oscar» der Academy Awards beschert.

Dominik Tarolli ist ausser Atem. Verspätet zum Treffen an der Fachhochschule St.Gallen zu erscheinen, kommt für ihn nicht infrage – auch wenn das in seiner aktuellen Wahlheimat USA nicht als unhöflich gilt. Der 41-Jährige weiss zu gut, wie wichtig Pünktlichkeit in der Schweiz ist. Er ist viel auf Geschäftsreisen und bewegt sich spielend in verschiedenen Kulturen. San Francisco, San Diego, London, Zürich, Cannes und Berlin sind nur einige der Destinationen im vergangenen Halbjahr.

Dominik Tarolli ist weltweiter Leiter der 3D- und Geodesign-Businesssparte bei Esri, einer der grössten privaten Softwarefirmen der Welt und GIS-Mapping-Pionierin mit Sitz in Redlands, Kalifornien. Tarolli vermarktet unter anderem die 3D-Software CityEngine, die weltweit in der Städteplanung und Architektur eingesetzt wird. Sie ist mittlerweile auch das Standard-Programm zur 3D-Modellierung von Städten in Hollywood-Filmen. Um nur einige Filme zu nennen: Big Hero 6, Superman – Man of Steel, Madagascar 3, Total Recall, Hugo und Cars 2. «Es ist schon irgendwie verrückt», sagt Dominik Tarolli und strahlt. «Was vor sieben Jahren mit einem Traum im Technopark Zürich begonnen hat, gehört heute zum Standard in Hollywood.»

Jungunternehmern beim Start ins Business geholfen

Angefangen hat eigentlich alles in St.Gallen. Nach dem Bachelor-Studium in Business Administration an der FHS begann Dominik Tarolli seine Karriere am Institut für Jungunternehmen (IFJ). Dort und später in der Bundesinitiative venturelab begleitete er über 300 Jungunternehmen bei ihrem Start ins Business. «Irgendwann hat mich das Virus dann selber befallen», erzählt er schmunzelnd. Was eigentlich nicht erstaunlich sei: «Schon in der Primarschule träumte ich davon, irgendwann ein eigenes Unternehmen zu haben. Ich trage das Macher-Gen einfach in mir.» Zusammen mit Pascal Müller, Simon Schubiger und Luc Van Gool gründete Dominik Tarolli 2008 das Start-up und ETH-Spin-off Procedural. Mit 3D hatte er bis zu diesem Zeitpunkt nicht viel am Hut. Was aber keine Rolle gespielt habe, betont er: «Das Entscheidende, was ich im Studium an der FHS gelernt habe, ist die Methodik, wie man Probleme oder Herausforderungen analysiert und effektive Lösungen findet.» Seine Spezialisierung sei es, ein Produkt auf den Markt zu bringen und es schnell erfolgreich zu machen.

Dominik Tarolli

«Was vor sieben Jahren mit einem Traum im Technopark Zürich begonnen hat, gehört heute zum Standard in Hollywood.» 

Irgendwann hat auch mich das Start-Up-Virus befallen.

Eine Grossstadt in wenigen Tagen virtuell dargestellt

Tarollis Geschäftspartner entwickelten die Programmiersprache CGA (Computer Generated Architecture), mit welcher die 3D-Software CityEngine eine ganze Stadt «decodieren», also visualisieren kann. Häuser, Strassen, Bäume virtuell darstellen – was mit einer herkömmlichen Software Monate gedauert hätte, bedeutete jetzt nur noch wenige Tage Arbeit. Der Erfolg kam schnell und das kalifornische Unternehmen Esri wurde auf das Zürcher Start-up aufmerksam. In einem ersten gemeinsamen Projekt visualisierten sie die Stadt Rotterdam in 3D.

Dann ging es Schlag auf Schlag. Tarolli und seine Geschäftspartner führten zahlreiche Telefonkonferenzen zu Übernahme-Verhandlungen. Der Deal war für die Jungunternehmer nicht nur finanziell attraktiv. «Unser Hauptziel war von Anfang an, unsere Technologie in möglichst viele Computer oder Anwendungen zu bringen.» Esri-Besitzer Jack Dangermond versprach zudem, das Produkt weiterzuentwickeln.

Vom eigenen Chef wieder zum Angestellten

Dominik Tarolli und seine Geschäftspartner nahmen das Angebot an. Das Kernteam blieb auch nach der Übernahme an Bord und Tarolli zog mit seiner Familie ins kalifornische Redlands, um das 3D-Geschäft für Esri aufzubauen. Mehr oder weniger über Nacht wurde er vom eigenen Chef wieder zum Angestellten. Wie hat er diesen Wechsel erlebt? «Im Herzen bin ich ein Unternehmer. Das ändert sich wohl nie», gesteht er. Für ihn sei es aber ein grosses Privileg, für Esri arbeiten zu können. Sein Büro liege nur zehn Meter von Jack Dangermonds entfernt. «Für mich ist Jack einer der beeindruckendsten Unternehmer der Welt. Er hat Esri vor über 40 Jahren mit seiner Frau Laura gegründet und es seither geschafft, eine der grössten privaten Software-Firmen der Welt zu erschaffen. Ich bin privilegiert und dankbar, direkt mit ihm zusammenzuarbeiten sowie von seinem Erfahrungsschatz zu lernen.»

Im Herzen ein St.Galler geblieben

Seit gut vier Jahren lebt und arbeitet Tarolli mit seiner Frau und zwei Kindern in Kalifornien. An den «American Way of Life» haben sie sich schnell gewöhnt und vor allem die Vorteile des Lebens in Kalifornien schätzen gelernt. Als erstes nennt Dominik Tarolli das «fantastische Wetter». Habe die Familie in St.Gallen etwa 150 Regentage im Jahr erlebt, seien es in Redlands noch 15. Die Amerikanerinnen und Amerikaner seien sehr unkompliziert. «An das förmliche Siezen in der Schweiz muss ich mich jeweils wieder umgewöhnen» sagt Dominik Tarolli augenzwinkernd. Er schätze zudem den unerschütterlichen Optimismus der Amerikaner. «Ich habe praktisch noch nie gehört, dass sich jemand über etwas beklagt.» Nicht einmal über die wenigen Ferientage, die einem in der Arbeitswelt gegönnt seien. Hingegen fehlten ihm manchmal Zuverlässigkeit und Verbindlichkeit – Werte, die in der Schweiz grossgeschrieben sind.

Beim Rundgang durch das Fachhochschulzentrum blickt Dominik Tarolli vom 18. Stockwerk über die Dächer der Stadt St.Gallen und gerät ins Schwärmen: «Je weiter und länger ich von hier weg bin, umso mehr wächst mir die Stadt ans Herz.» Ihm fehlen seine Familie, Freunde und auch der Fussball. Manchmal, gesteht er lachend, stehe er in Redlands morgens um 4 Uhr auf, um einen Match des FC St.Gallen live mitzuverfolgen. Über die FHS Alumni bleibt Dominik Tarolli auch mit seiner Alma Mater in Verbindung. Als OK-Mitglied etwa hat er mitgeholfen, den jährlich stattfindenden Networkingtag ins Leben zu rufen.

Software erhält Nomination für den Tech-Oscar

Irgendwann kehren die Tarollis wohl wieder in die Schweiz zurück – wann, steht aber noch in den Sternen. «Im Moment geniessen wir das Leben in Kalifornien sehr. Zudem habe ich beruflich das Privileg, mit Weltklasse-Kunden wie Pixar, IBM, Twitter, Dreamworks und vielen mehr zusammenzuarbeiten. Die Tatsache, dass in den USA unter dem Strich mehr Zeit für das Familienleben bleibt als in der Schweiz, ist bestimmt auch kein Nachteil.» Kurz nach seinem Besuch in St.Gallen meldet sich Dominik Tarolli per E-Mail mit grossen Neuigkeiten: Die CityEngine wurde von der Academy, welche jährlich auch die Film-Oscars verleiht, für den «Tech-Oscar» nominiert. Die Scientific and Technical Awards finden am 13. Februar 2016 in Los Angeles statt. Ein Tag, den Dominik Tarolli und sein Team kaum erwarten können.

FHS ALUMNI

Die Ehemaligen-Organisation der FHS St.Gallen ist ein wachsendes Netzwerk von 3’000 aktiven Mitgliedern sowie Studierenden-­Mitgliedern. Ehemalige und aktuelle Studierende bleiben unterein­ander und mit der Hochschule verbunden. Kontakte pflegen und neue knüpfen, innerhalb des eigenen Fachbereichs sowie interdisziplinär: Socializing ist bei Alumni-Veranstaltungen sowie beim grös­sten und öffentlichen Anlass, dem Networking-Tag, möglich. Alumni sind zudem automatisch Mitglied der FH Schweiz, welche sich unter anderem stark bildungspolitisch engagiert.

www.fhsalumni.ch
www.networkingtag.ch