Nina Rudnicki
Yu-Yang Lo aus Taiwan studiert während eines Jahres an der FHS. Hier nennt er sich Eric. Es sei typisch für Asiaten, sich im Ausland einen westlichen Namen zu geben, sagt er. Neu ist für ihn hier auch die Art des Unterrichts und der Prüfungen sowie zwischen Berufs- und Privatleben zu unterscheiden.
2,7 Millionen Menschen leben in Taichung, der drittgrössten Stadt Taiwans. Die Skyline setzt sich aus modernen Hochhäusern zusammen, zwanzig Kilometer vom Stadtzentrum entfernt liegt einer der grössten Häfen des Landes und es ist das ganze Jahr mindestens 30 Grad warm. Dass es ihm in St. Gallen gefallen würde, dessen war sich der 22-jährige Yu-Yang Lo, der sich hier Eric nennt, dennoch von Anfang an sicher. «Ich hatte Bilder von der Schweiz und einige Dokumentationen gesehen und ich konnte mir sofort vorstellen, hier ein Jahr lang zu leben», sagt er. Als er dann von der Providence University, der Taiwanesischen Partnerhochschule der FHS, Bescheid bekam, dass er St.Gallen zugeteilt worden sei, freute er sich umso mehr.
Seit August 2016 lebt Eric Lo nun mitten in der St.Galler Altstadt in einer «Ich war noch nie zuvor in Europa» Wohngemeinschaft mit anderen Studierenden. Vor seinem Austauschjahr hat Eric Lo bereits vier Jahre International Business and Management in Taichung studiert und alle erforderlichen Credit Points für sein Studium gesammelt. «Das Austauschjahr in St.Gallen wollte ich aber unbedingt noch machen, weil ich etwas anderes erleben wollte und ausserdem von dem guten CPIM-Programm der FHS gehört hatte», sagt er. «Aber vor allem war ich noch nie zuvor in Europa.»
Dass er während des Austausches an kulturelle Grenzen stossen würde, glaubte Eric Lo nicht. Er sei offen und habe keine Vorurteile, sagt er. Vielmehr waren es die Prüfungen und die Unterrichtsmethode an der FHS, die für ihn zur Herausforderung wurden. «Die Prüfungen hier bestehen nicht wie in Taiwan aus Multiple-Choice-Aufgaben, sondern aus Fragen, die mit eigenen Texten beantwortet werden müssen», sagt er. «Auch die Schweizer Dozentinnen und Dozenten sind anders. Es geht ihnen darum, dass die Studierenden in Gruppen Themen selbst erarbeiten. In Taiwan unterrichten sie hingegen referierend.»
Während der vorlesungsfreien Zeit ist Eric Lo durch Deutschland, Belgien, die Niederlande, Italien und Rumänien gereist. Einige weitere Länder sollen noch dazukommen, bevor er im August nach Taiwan zurückfliegt. Dort hofft er auf eine Stelle im Technologiebereich beim taiwanesischen Computerhersteller Asus.
«Jetzt fällt mir auch ein, was der grösste Unterschied zwischen der Schweiz und Taiwan ist», sagt er. Wenn man in Taiwan im Job nicht erfolgreich sei, würden die Mitmenschen daraus schliessen, dass man auch privat nichts erreichen könne. «Hier in der Schweiz wird das besser getrennt. Auch wenn es in der Arbeit nicht so gut klappt, kannst du eine interessante Person sein.»