Archivausgabe
Erkenntnis

Diese Lampe könnte von Daniel Düsentrieb sein

Basil Höneisen

Ein Produkt im Studium zu entwickeln, das von einem Unternehmen tatsächlich umgesetzt wird – das können nicht viele Studierende von sich behaupten. Im Rahmen der Industrieprojekte des Studiengangs Wirtschaftsingenieurwesen der FHS St.Gallen ist das einer Gruppe gelungen. Sie haben eine Lampe entwickelt, die jeden Arbeitsplatz perfekt ausleuchtet. Davon profitieren nicht nur Industrieunternehmen, sondern auch Menschen mit Sehschwächen.

Den Sprung ins kalte Wasser der Praxis haben sie bestanden. Im Herbst schliessen die ersten Wirtschaftsingenieurinnen und -ingenieure an der FHS St.Gallen ihre Ausbildung ab. Und können Erstaunliches vorweisen. Zum Beispiel eine Lampe, die auch aus der Werkstatt des findigen Tüftlers Daniel Düsentrieb stammen könnte. Vor zwei Jahren, im ersten Semester, haben sie einen Auftrag erhalten: Sie müssen für Ostschweizer Industriepartner neue Geschäftsfelder suchen und marktfähige Produkte entwickeln. Nicht nur auf dem Papier. Letztlich sollten sie einen Prototyp herstellen, der in Serie produziert werden könnte. «Die Produkte müssen wirtschaftstauglich sein», betont Lukas Schmid, Studiengangsleiter des Bachelors in Wirtschaftsingenieurwesen. Dass es sich bei den Industrieprojekten um Real Cases handle, betont auch der Modulverantwortliche Thomas Utz: «Das ist keine Alibi-Übung». Die Studierendengruppe um Kathrin Aeschlimann nahm sich das zu Herzen. Ihre Aufgabe war es, dem Ostschweizer Blindenfürsorgeverein «obvita» zu helfen, den Eigenfinanzierungsgrad zu erhöhen – am liebsten durch Produkte, die in der eigenen Werkstatt hergestellt werden können.

Anders als geplant

Mit dem Ziel, die Organisation ganzheitlich zu erfassen, interviewten wir diverse Mitarbeitende und besuchten alle Bereiche», sagt Aeschlimann, gelernte Elektronikerin. Basierend auf diesen Resultaten sowie auf Trendund weiteren Analysen erarbeitete die Gruppe zwölf Produkte, die von obvita selber produziert werden könnten. Vier davon wurden dem Auftraggeber schliesslich präsentiert – eine Lampe war nicht dabei. «Erst durch die Präsentation und den anschliessenden Austausch mit der Projektleitung entstand die Idee zur Lampe», erklärt Aeschlimann. Nachdem die Studierenden das Konzept der Lampe zu Papier gebracht hatten, erarbeiteten sie den technischen Entwurf und einen Prototyp. Diesen prüften sie anhand diverser Tests auf Mängel.

Eine aussergewöhnliche Lampe

Nach mehreren Optimierungen können sie nun eine Lampe vorweisen, die beeindruckt: Sie lässt sich stufenlos von kaltem zu warmem Licht einstellen, fast ohne Helligkeitsverlust. Der Vorteil: Auch ohne kaltes Licht, das blendet, ist der Arbeitsbereich perfekt ausgeleuchtet. Das kommt insbesondere sehbehinderten Menschen zugute, aber auch älteren Personen, da im Alter die Blendempfindlichkeit zunimmt. Zudem lässt sich die Leuchte individuell programmieren – das macht sie einzigartig. Siegfried Miesler, Leiter Sozialinformatik von obvita, ist zufrieden. «Wir waren von der Idee sofort begeistert. Zumal die Lampe ein Produkt mit engem Bezug zu obvita ist». Zusammen mit Produktionsleiter Hans Haag ist er Ansprechpartner bei der St.Galler Organisation. «Eine Leuchte, die für Sehbehinderte funktioniert, funktioniert für alle. Und sie ist vielfältig einsetzbar. Etwa in der Optik, der Schmuck- und Uhrenindustrie oder im Labor.» Noch in diesem Jahr wird die Leuchte auf den Markt kommen.

INDUSTRIEPROJEKTE

Die Studierenden Lukas Senn und Kathrin Aeschlimann begutachten die Lampe, die sie im Rahmen ihres Studiums entwickelt haben.