Celina Heiniger
Jelena Hänsli wollte wissen, wie Pflegefachfrauen im Nachbarland Österreich arbeiten. Das dreimonatige Praktikum in einem Privatspital in Wien hat ihr Einblick in andere Formen der Organisation gegeben. Aber vor allem in puncto Selbstständigkeit hat sie viel dazugelernt.
Reha, Spitex, Spital – als gelernte Fachfrau Gesundheit (FAGE) im sechsten Semester des Bachelor-Studiums hat Jelena Hänsli schon in verschiedensten Bereichen gearbeitet. «Mit dem Auslandsemester wollte ich einen anderen Fokus setzen und in Bereichen der Arbeitsplanung und Organisation etwas Neues kennenlernen.» Auch Einblick zu bekommen in ein anderes Gesundheitssystem, hat die 23-Jährige gereizt.
Die Arbeit im Rudolfinerhaus in Wien bot Jelena Hänsli all dies. Als Praktikantin durfte sie die Abteilungen im Privatspital wechseln und in unterschiedliche Bereiche hineinsehen, so zum Beispiel in die Pflegeentwicklung, die Intensivstation oder punktuell in OPs. «Ursprünglich ging ich davon aus, dass Pflegefachpersonen in Österreich weniger Verantwortung übernehmen als hier. Deshalb war ich überrascht über das grosse Wissen, das meine Kolleginnen und Kollegen mitbrachten, aber auch über den hohen Standard der Pflege.»
Ganz anders ist hingegen die Arbeitsorganisation. «Während wir in der Schweiz Drei-Schicht-Betrieb haben, arbeiten sie in Österreich nur in zwei Schichten.» Das heisst, die Pflegefachpersonen arbeiten in 12,5-Stunden-Schichten und übergeben direkt an die Nachtschicht. «Das hat durchaus Vorteile. Aber der Bezug zum Patienten geht meiner Meinung nach etwas verloren», sagt Jelena Hänsli. Denn aufgrund der 38-Stunden-Woche arbeitet eine Pflegefachperson nur drei bis vier Tage die Woche – in der Regel nur zwei Tage hintereinander. Für Jelena Hänsli war das aber von Vorteil. «So hatte ich genügend Zeit, Wien und die Umgebung auszukundschaften.» Während dem dreimonatigen Praktikum hat die FHS-Studentin in einer kleinen Wohnung mit eigenem Garten gewohnt. «Das war für mich als Naturmensch ein absoluter Glücksgriff.» Da sie mit Städten nicht viel anfangen kann, hat ihr auch Wien nicht besonders gut gefallen. Das Umland aber dafür umso mehr. «Ich fuhr oft Velo und ging spazieren – zum Beispiel der Donau entlang. Das Umland ist unglaublich schön. Insbesondere die Heurigen haben es mir angetan.»
Die viele Freizeit war aber auch eine Herausforderung. «Ich hatte viel Zeit, aber wenig soziale Kontakte.» Jelenas Kolleginnen und Kollegen im Rudolfinerhaus waren alle nicht in ihrem Alter und hatten ein eigenes Netzwerk. Zum Glück kamen ab und zu Freunde aus der Schweiz zu Besuch und sie hatte Zeit, ihre Bachelor-Arbeit in Ruhe zu beenden. «Während des Praktikums habe ich an Selbstständigkeit dazugelernt.» Davon könne sie bei ihrer jetzigen Tätigkeit als Ausbildungsbeauftragte im bruggwald51, Wohnen und Pflegen im Alter, profitieren und den Lernenden weitergeben.