Nina Rudnicki
Karin Baumann hat ein Semester lang an der Alice Solomon Hochschule in Berlin studiert. Diese Zeit in der Stadt habe sie verändert, sie sei offener geworden, sagt die Absolventin des Studiengangs Soziale Arbeit. Zu dem Aufenthalt motiviert hatte sie ihr Mentor an der FHS – denn vor einem Austausch hatte die 47-Jährige zunächst Respekt.
«Ich gehe nach Berlin.» Als Karin Baumann diesen Entschluss ihren erwachsenen Söhnen und ihrem Ehemann mitteilt, reagieren diese erstaunt. «Sie konnten es zuerst nicht glauben, denn ich habe noch nie in meinem Leben alleine gewohnt», sagt die 47-Jährige. Nun will sie aber genau das wagen: ein Semester im Austausch an der Alice Solomon Hochschule in Berlin studieren. Im März 2018 ist es soweit. Die FHS-Studentin der Sozialen Arbeit besteigt den Zug nach Berlin und fährt dort vom Hauptbahnhof in ihre Wohnung in das Stadtviertel Neukölln weiter. Im Gepäck hat sie einen Notfallplan, den sie zusammen mit einer Dozentin der Fachhochschule St.Gallen ausgearbeitet hatte. Dieser enthält Vorgehensweisen, was sie beispielsweise tun soll, wenn sie sich einsam fühlen würde. «Ich hatte Panik und Existenzängste, wenn ich an das Austauschsemester dachte», sagt Karin Baumann. «Den Notfallplan habe ich dann aber nie gebraucht.»
An der Alice Solomon Hochschule in Berlin belegt Karin Baumann Kurse mit dem Schwerpunt Kulturarbeit. «Ich habe bewusst Kurse gewählt, die es an der FHS nicht gibt, die sich aber dennoch anrechnen lassen», sagt sie. Unter anderem lernt sie verschiedene Theaterformen kennen, wie zum Beispiel interkulturelles Theater mit Seniorinnen und Senioren aus verschiedenen Ländern. An der Alice Solomon Hochschule trifft sie neue Freundinnen und interessante Personen aus verschiedenen Ländern. Auch vertritt sie die FHS am International Day an der Alice Solomon Hochschule, an dem sich die verschiedenen Partnerhochschulen präsentieren können. «Durch die Zeit in Berlin und generell durch mein Studium der Sozialen Arbeit habe ich mich verändert. Ich bin viel offener geworden», sagt Karin Baumann. «Ausserdem denke ich kritischer und hinterfrage politische und gesellschaftliche Zusammenhänge stärker als früher.»
Für ein Studium der Sozialen Arbeit entschied sich Karin Baumann nach einem Gespräch mit dem mittlerweile verstorbenen FHS-Professor Ruedi von Fischer. Er wurde ihr Mentor und motivierte sie, sich für das Auslandsemester in Berlin anzumelden. «Ohne ihn hätte ich mich niemals an der Fachhochschule St.Gallen angemeldet», sagt sie. Bislang hatte Karin Baumann als Medizinische Praxisassistentin gearbeitet und war für die Buchhaltung in der gemeinsamen Autogarage mit ihrem Mann in Leimbach im zuständig. Nach ihrem Aufenthalt in Berlin bekam sie zunächst ein Praktikum und danach eine Festanstellung bei Pro Senectute in Frauenfeld. Karin Baumann sagt: «Ausschlaggebend für die Jobzusage waren auch die Auslanderfahrungen, die ich in Berlin gesammelt habe.»