20 Jahre FHS St.Gallen – 20 Porträts

Im Auftrag der Gesellschaft

Basil Höneisen

Dringend gesucht: Pflegefachpersonen. Sie fehlen künftig an allen Ecken und Enden. Für die professionelle Pflege setzt sich Andrea Renz seit 13 Jahren ein. Als Leiterin des Bachelorstudiengangs in Pflege an der FHS St.Gallen weiss sie um die Bedeutung ihrer Funktion: Es geht um die Erfüllung eines gesellschaftlichen Auftrags.

Bis ins Jahr 2030 braucht es gegen 65’000 zusätzliche Pflegende. Das geht aus dem Versorgungsbericht hervor, unter anderem verfasst von der GDK, der Schweizerischen Gesundheitsdirektorenkonferenz. Insbesondere diplomierte Pflegefachpersonen würden fehlen. Verantwortlich für die Ausbildung dieser Fachkräfte an der FHS St.Gallen ist Andrea Renz mit ihrem Team. Zu ihren Aufgaben gehört die inhaltliche Gestaltung des Bachelors in Pflege – ein Studiengang, der in der breiten Bevölkerung immer noch wenig präsent ist. Es geht bei der Pflegeausbildung nicht nur darum, Wissen weiterzugeben. Vielmehr soll professionelle Pflege gelehrt werden: Pflegefachpersonen mit Tertiärausbildung sind fähig, im interdisziplinären Team zu agieren. Sie bringen sich ein, hinterfragen, übernehmen Verantwortung, haben den Blick fürs grosse Ganze. Ihr Studium hat Einfluss auf die Pflegequalität, wie eine Analyse des Bundesamts für Statistik zeigt: Je höher der Anteil an diplomiertem Pflegefachpersonal, umso tiefer ist die Wahrscheinlichkeit, im Spital zu sterben und umso schneller können Patienten das Spital wieder verlassen. Andrea Renz bringt es auf den Punkt: «Die akademische Pflegeausbildung ist einer der Schlüssel, um die pflegerische Versorgung in der Schweiz künftig aufrechtzuerhalten, weiterzuentwickeln und überhaupt finanzieren zu können. Wir bilden Menschen aus, die fachlich kompetent, menschlich stark und für Verantwortung bereit sind.»

Motto: «Ganz oder gar nicht»

Daran setzt die Dozentin für Pflege und Pflegewissenschaft alles. «Mir ist sehr wichtig, dass Patienten und Angehörige eine gute pflegerische Versorgung erhalten. Unser Studium ist kein Selbstzweck, sondern ein gesellschaftlicher Auftrag.» Das spiegelt sich auch in den Anforderungen wider, welche an die Studierenden gestellt werden. «Du bist nach dem Studium nicht dieselbe Person wie davor. Die Entwicklung ist enorm.» Andrea ist passioniert, Typ «Ganz oder gar nicht». Wenn für sie etwas nicht stimmig ist, bringt sie es auf den Tisch. Sie will Zahlen sehen, Fakten. Was kann verbessert werden? Wie können neue Methoden in der Lehre eingesetzt, wie aktuelle Trends aufgenommen, wie mehr potenzielle Studierende erreicht werden? Und dennoch, im Herzen ist und bleibt Andrea Pflegefachfrau. Ihre Wertschätzung für die Menschen ist spürbar. «Ich erinnere mich gerne an unsere erste Diplomfeier zurück. Ein Meilenstein für uns. Ich schaute mir die Studierenden an und war stolz. Die besten Leute gehören zu den Patienten und den Angehörigen.»

Wir bilden Menschen aus, die fachlich kompetent, menschlich stark und für Verantwortung bereit sind.

Die ganze Palette

Warum an der FHS und nicht anderswo? «Es gibt hier viele Entwicklungsmöglichkeiten», sagt Andrea. Das schätze sie. Aktuell beschäftigt sie sich mit einer ganzen Palette an Themen: Curriculum, Personalführung,  Koordination, Finanzen, Marketing, rechtliche Fragen. Sie ist erste Ansprechpartnerin für ihre Mitarbeitenden und die Bachelor-Studierenden in Pflege. Fachlich ist Andrea Renz im Aggressionsmanagement und im Bereich von Versorgungsmodellen chronisch erkrankter Menschen zu Hause. Den Traumjob fürs Leben gefunden? «Meine Arbeit ist sehr vielseitig und anspruchsvoll, im Moment passt es so für mich.» Ob dies bis zu ihrer Pension so bleiben wird, lässt die 53-Jährige offen. Aber unabhängig davon: Menschen wie Andrea Renz sind es, welche die Pflege voranbringen. Da darf ruhig auch einmal applaudiert werden.