20 Jahre FHS St.Gallen – 20 Porträts

Einer, der beide Sprachen spricht

Claudia Züger

Student, Praktiker, Wissenschaftler, Kollege, Kritiker, Freund, Dozent: Thomas Knill ist seit mehr als 20 Jahren in verschiedensten Rollen Teil der FHS St.Gallen. Die Hochschule ist für ihn weit mehr als Ausbildungsstätte oder Arbeitgeberin.

Der gelernte Radio- und TV-Elektriker Thomas Knill parkte im September 1999 seinen 1970er-Jahre Toyota Cressida hinter dem Hochschulgebäude Stella Maris in Rorschach. Er und weitere 50 Studierende starteten als erste Studiengruppe mit dem FH-Studiengang in Sozialer Arbeit. Die Grösse der Gruppe war ungewöhnlich, das ausgeglichene Männer-Frauen-Verhältnis ebenso. Tom, wie ihn damals schon alle genannt haben, erinnert sich an eine Startveranstaltung in einem imposanten Raum. Und lachend an Dozierende, die das ungewöhnliche Grüppchen neugierig in Augenschein nahmen.

20 Jahre später fährt er den Toyota nicht mehr, die FHS aber begleitet ihn weiterhin. Nach Abschluss seines Vollzeitstudiums wandte er sein Wissen in der Sozialhilfe und als Berufsbeistand an, 2008 entschied er sich, es im Teilzeit-Masterstudium zu vertiefen. Drei Jahre später kehrte er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an die FHS zurück, heute lehrt er als Dozent in den Schwerpunkten Einzelfallhilfe und gesetzliche Sozialarbeit.

Was sich seit dem ersten Studientag verändert habe? Neben seinen Rollen vor allem die Umgebung. «Das Stella Maris war eine coole Hütte.» Tom erinnert sich an unzählige Fallstudien und an die riesige Terrasse mit Blick auf den Bodensee. Und anschliessend an den widerwilligen Umzug ins Rorschacher Alcan Areal: «Es war laut, es hat in den Seminarräumen gehallt wie in einer Eishockeyhalle, nichts hat funktioniert.» Jetzt verbindet er die Alcan-Zeit mit Campus-Romantik, rot-weiss gestreiften Liegestühlen und persönlichem Austausch. Die Wehmut vor dem Einzug in den FHS-Turm 2013 war gross. Das gemeinsame Dach habe aber auch reichlich Positives. Nicht nur die Bahnanbindung sei ein Plus, auch die funktionierende interdisziplinäre Zusammenarbeit. Den unkomplizierten Austausch mit Studierenden und Mitarbeitenden hingegen hat Tom zu kurz. Er gelinge am besten bei Kaffee und Zigarette auf dem Vorplatz. Wobei er diesen noch immer so unattraktiv finde wie beim Einzug. 

Es war laut, es hat in den Seminarräumen gehallt wie in einer Eishockeyhalle.

Wissen schafft Praxis

Unverändert blieb Toms Überzeugung, dass ein Studium eine unverzichtbare Voraussetzung für den Beruf des Sozialarbeiters ist. «Nur Menschen zu mögen, reicht nicht aus!» Es brauche fundiertes Wissen, um auf Problemstellungen professionell reagieren zu können. Die Studierenden auf die Berufspraxis vorzubereiten, ist ihm ein Anliegen. Dabei gelte es, der Wissenschaftlichkeit aber auch der Anwendung gerecht zu werden. Selbst sieht sich Tom Knill weder als Akademiker noch als Praktiker, vielmehr als Übersetzer zwischen den zwei Bereichen. Eine Aufgabe, die ihn herausfordert, vor allem aber motiviert. Gleich geblieben sei auch die Menschlichkeit: «Man greift sich unter die Arme, man lacht zusammen. Ich habe hier richtig gute ArbeitskollegInnen. Und Freunde. Die Kultur des Miteinanders ist einzigartig. Ich hoffe, sie lebt in der OST weiter.»