20 Jahre FHS St.Gallen – 20 Porträts

Einer, der durch viele Türen geht

Christian Jauslin

Schon als Kind wollte Abdullah Redzepi Lehrer werden. Aus dem Sohn eines Gymnasiallehrers aus Mazedonien wurde aber zuerst ein Stahl- und Edelstahlhändler. Damit er zum Dozenten mit Fokus Personalentwicklung werden konnte, musste erst eine Türe zugehen und neue Türen mussten sich wieder öffnen.

«Wenn ich erzähle, dass ich Dozent an der Fachhochschule St.Gallen bin, dann höre ich immer wieder ein ‹Wow›.» Das macht Abdullah Redzepi, Dozent und Forscher am Institut für Qualitätsmanagement und Angewandte Betriebswirtschaft IQB-FHS, jedes Mal stolz. Stolz darauf, was er geschafft hat. Er weiss, dass sein beruflicher Werdegang viele Leute überrascht, die von seinem Migrationshintergrund wissen. «Sie glauben nicht, dass dies möglich ist.» Ist es aber, auch dank des Schweizer Bildungssystems, welches kaum Sackgassen kennt, dafür aber viele gut ausgeschilderte Umwege, welche die Fortsetzung des Bildungsweges erlauben. So wurde aus dem KV-Lehrling ein berufsbegleitender BMS-Schüler und danach ein Bachelor- und Masterabsolvent.

Die Anerkennung freut Abdullah, zugleich ist er sich bewusst, dass nicht seine Leistung allein immer wieder eine Türe geöffnet hat, sondern, dass es auch Personen gab, die mit ihm zusammen Türen aufgestossen haben.

Der Weg zum Dozenten

Zuerst schloss sich allerdings eine Türe. Während der Finanzkrise erwies sich der Stahlhandel als schwierig. Daher verlor er seinen Nebenjob mitten im Bachelorstudium. Kurz darauf wurde eine Stelle am IQB ausgeschrieben und Abdullah bewarb sich: Für sein Gespräch stand er um 6.30 Uhr an der Teufenerstrasse, einem der damaligen Standorte der FHS. Institutsleiter Lukas Scherer öffnete die Türe und fragte als Erstes: «Was möchten Sie denn?». Die Türe blieb aber offen und Abdullah begann vorerst als wissenschaftlicher Assistent zu arbeiten und nach erfolgreichem FHS-Masterabschluss als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Danach war es Lukas Scherer, der die nächste Türe für Abdullah aufstiess und ihm anbot, den Tenure-Track zu absolvieren und sich zum Dozenten auszubilden.

«Mein Vater war Gymnasiallehrer und ich wollte schon als kleiner Junge Lehrer werden», erinnert sich Abdullah. Das Bedürfnis, sich selber neues Wissen anzueignen, steht hier im Zusammenhang mit jenem, das Wissen wieder zu vermitteln. Die Empfänger sollen sich ebenfalls weiterentwickeln können und weiterkommen. Umso passender ist es, dass sich Abdullah nach einer thematischen Vertiefung im Kompetenzbereich Organisationsentwicklung heute vornehmlich mit der Personalentwicklung im Kompetenzbereich Leadership & Personalmanagement beschäftigt. «Hier bin ich bemüht, Unternehmen davon zu überzeugen, dass es längerfristig immer auf den Menschen ankommt, um erfolgreich zu sein. Nach dem Motto Human First zu operieren, würde uns als Menschheit am meisten bringen», ist Abdullah überzeugt.

Anderen Menschen Türen öffnen

Und um nochmals auf den Stolz zurückzukommen: Aufgefordert, auf die Zeit an der FHS zurückzublicken, meint Abdullah, dass alle Mitarbeitenden stolz sein dürfen. «Wir haben in der Vergangenheit vieles geschafft und werden hoffentlich auch in Zukunft viele Gelegenheiten haben, um einen Beitrag für das Funktionieren und die Weiterentwicklung des gesamten wirtschaftlichen Systems und der Gesellschaft zu leisten. Wir dürfen alle stolz darauf sein, was wir leisten, und sollten nicht unterschätzen, was dies auslöst und für andere Menschen möglich macht.» Abdullah Redzepi hat sich seinen Berufswunsch erfüllt. Und genau deshalb möchte er heute auch anderen eine Türe öffnen.